Mantrailing als Spezialgebiet

Sie haben verschiedenste berufliche Hintergründe, doch das Interesse am Hund führte sie zusammen:
Die Mitglieder der ehrenamtlichen Rettungshundestaffel des Mantrailer Nord e.V.  bilden ihre Hunde
zu Suchenhunden aus, die Menschen anhand
ihres Individualgeruchs ausfindig machen können.

Regelmäßig trainieren die Teams in Kleingruppen an verschiedenen Orten in Hamburg und Umgebung.

 

Es ist windig, kalt und dann regnet es auch noch. Die Witterung ist heute nicht gerade optimal für das Training einer Rettungshundestaffel. Trotzdem haben sich heute neun ehrenamtliche Mitglieder des Mantrailer e.V. auf einem großen Parkplatz nahe der U-Bahnhaltestelle Buchenkamp eingefunden, um mit ihren Hunden zu trainieren.

Zwei Mal die Woche findet für jeweils vier bis fünf Stunden ein solches Training statt – egal, ob es regnet, stürmt oder schneit.
Ein zeitintensives Ehrenamt.
“Der Hund muss natürlich schon auch das Hobby sein, sonst könnte man das gar nicht machen”,
sagt Annika Herr, die hauptberuflich als Tierärztin arbeitet.


Mantrailing als Spezialgebiet

2005 wurde der Verein gegründet. “Das Mantrailing ist eine Art Spezialgebiet, das erst jetzt langsam in Mode kommt”, sagt Klaus Hintze, erster Vorsitzender des Vereins. Mantrailer werden dafür ausgebildet, bestimmte Personen zu suchen. Voraussetzung dafür ist, dass die vermisste Person und der letzte Aufenthaltsort bekannt sind. Anders als Flächensuchhunde, die in großen und unwegsamen Geländen eingesetzt werden (wie im Wald oder in Trümmern), suchen Mantrailer hauptsächlich in Wohngebieten.

Meistens werden sie von der Polizei oder von Rettungsleitstellen angefordert, häufig arbeitet der Mantrailer e.V. auch mit dem Roten Kreuz oder dem Arbeiter-Samariter-Bund zusammen. Die Einsätze haben eines gemeinsam: Es geht so gut wie immer um ein Menschenleben. Suizidgefährdete Menschen, die nicht aufzufinden sind, oder auch demenzkranke Senioren, die aus ihren Pflegeheimen entlaufen sind.

“Der menschliche Geruch ist so individuell wie seine DNA”, sagt Klaus Hintze, der nebenbei eine Hundeschule betreibt. “Darum kann man sich nicht vor uns verstecken.”

Witterungsbedingungen können die Arbeit erschweren

Doch Voraussetzung für den späteren Einsatz der Hunde ist eine zwei-bis dreijährige Ausbildung mit regelmäßigem Training. Das wird heute schwierig. Denn bei starkem Wind verfliegen auch die Geruchspartikel schneller. Ute Rohwer, ebenfalls Mitglied des Vereins, holt eine Flasche Seifenblasen aus ihrer Tasche.

Sie pustet einige Blasen in die Luft, die sich in windeseile verteilen. Einige fliegen bis zur Höhe eines dritten Stockwerks, bis sie schließlich zerplatzen.”So kann man sich das mit den Gerüchen ungefähr vorstellen”, sagt sie. “Sie verteilen sich ähnlich wie die Seifenblasen.” Ein Rettungshund aber muss bei allen Wetterlagen einsatzfähig sein.

Beim Training gibt es feste Rituale für den Hund

In zwei Gruppen geht es durch die angrenzenden Wohnsiedlungen. Es ist immer derselbe Ablauf: Ein Mitglied der Gruppe versteckt sich, etwa 300-500 Meter entfernt, und hinterlässt einen persönlichen Gegenstand mit seinem Geruch, zum Beispiel ein Halstuch oder ein Taschentuch. Jeder Hundeführer sucht mit seinem eigenen Hund.

Klaus Fuhrmann, ebenfalls Vorstandsmitglied und des öfteren mit seinem Hunde-Taxi in Hamburg unterwegs, beginnt den ersten Durchlauf mit seiner Hündin, einem Husky-Bordercollie-Mix. Fuhrmann legt ihr das Mantrailer-Geschirr um, macht die Leine fest und hält ihr eine Trinkflasche an die Schnauze. “Das befeuchtet die Schleimhäute”, sagt er.

            

                               Ohne Rettungs-Geschirr für den Hund geht es nicht                Das Wasser vor dem Start ist Wichtig                               Es geht los der Hund nimmt die Spur auf

 

Anschließend kommt der wichtigste Schritt:

Der Hund muss den Geruch des Vermissten aufnehmen. Dazu hält ihm Klaus Fuhrmann für einen kurzen Moment eine Plastiktüte mit einem Taschentuch vor die Nase. Dann geht es auch schon los. Der Hund hält seinen Kopf in den Wind und schnuppert.

Es geht los: Der Hund nimmt die Fährte auf

Dann läuft er los. Und er weiß, wo er hinwill. Klaus Fuhrmann muss sich ganz schön anstrengen, dem Hund zu folgen. Vor einer Unterführung bleibt der Hund stehen, reckt seine Nase wieder in die Luft. Er dreht ein paar Kreise, bellt, und zieht seinen Halter durch die Unterführung. Dort läuft er zunächst nach rechts, bleibt stehen, bellt, und läuft dann doch nach links. “Das Bellen bedeutet, dass er dort falsch ist”, sagt Fuhrmann. “Ich habe ein bisschen gebraucht, um das zu verstehen. Jeder Hund sucht anders.”

Das Tier scheint den Vermissten nun geortet zu haben und wird hektischer – es nimmt immer den kürzesten Weg, und der führt durch ein Gebüsch. Der Hundeführer hat keine Wahl. “Da muss er jetzt durch”, lacht Klaus Hintze. Einen Augenblick später sind sie am Ziel angekommen – der Hund hat den “Vermissten”, der sich hinter einem Auto versteckt hat, gefunden. Zur Belohnung gibt es Futter und Streicheleinheiten.

“Die Hunde arbeiten immer auf die Bestätigung am Ende hin”, verrät Klaus Hintze. “Sie wissen, dass sie etwas bekommen, deswegen machen sie es. Das ist wie auf die Jagd zu gehen.”

Die Tiere sind unterschiedlich erfahren. Manche befinden sich noch am Anfang der Ausbildung, machen deshalb noch häufiger Fehler. Andere, so wie die Hündin von Klaus Fuhrmann, arbeiten wiederrum sehr sicher. Wichtig ist die Teamarbeit zwischen Hund und Hundeführer. “Die Hauptarbeit besteht darin, nicht nur den Hund, sondern auch den Hundeführer gut auszubilden”, sagt Klaus Fuhrmann. “Er muss seinen Hund verstehen und ein Auge für ihn haben.” Nur dann funktioniere die Zusammenarbeit. Ein fertig ausgebildeter Hund, der zum Beispiel an die Polizei übergeben würde, mache nur wenig Sinn.

 

Bericht und Fotos: Kim Schwarz (Universität Hamburg)

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